Die chinesische Medizin* ist eine Erfahrungsheilkunde und holistische Medizin, welche sich über mehrere Jahrtausende hinweg in Ostasien entwickelt hat. Die chinesische sowie auch die Ayurvedische Medizin sind wahrscheinlich die ältesten medizinischen Praktiken, welche bis heute so gut überliefert wurden und dadurch überlebt haben. Seit dem 17. und 18. Jahrhundert verbreitet sich die chinesische Medizin von Frankreich ausgehend in Europa. Seither wird sie vielerorts als medizinische und ganzheitliche Praktik angewendet und erweitert. Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich im Zuge der Kulturrevolution von Mao Zedong der Begriff Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) etabliert. Diese unterscheidet sich jedoch von der Klassischen Chinesischen Medizin (CM) insofern, dass ihr die feineren emotionalen, psycho-spirituellen und konstitutionellen Aspekte praktisch vollständig entnommen wurde. Die heutige Praktik in Europa zeigt eine zunehmende Wiedereingliederung dieser Aspekte.
Die chinesische Medizin lässt sich nicht vom chinesischen Denksystem trennen. Sie verbindet medizinische Diagnostik und Therapie mit philosophischen Traditionen Asiens. Der Körper wird von den Chinesen schon immer als ein zu kultivierender Garten und nicht wie früher im Westen als funktionelle Maschine gesehen (René Descartes im 17. Jahrhundert). Damit ein Garten im Gleichgewicht bleiben kann, sind die einzelnen Elemente zu berücksichtigen und im Gleichgewicht zu halten. Die Dynamik und das Gleichgewicht zwischen den einzelnen Elementen sind essenziell.
Mikrokosmos und Makrokosmos
Die chinesische Weltansicht basiert darauf, dass der Mensch eine Reflektion des Universums ist. Das Leben, wie wir es erleben, ist das Resultat zwischen zwei gegensätzlichen Kräften (Himmel & Erde oder Yin & Yang) im Rahmen der Raumzeit. Wenn wir in unser Inneres schauen, müssen wir auch das Äussere sehen, um das ganze Bild zu erfassen und verstehen. Dies wird während der Anamnese wie Behandlung von den Therapeut: innen beobachtet und erfragt, um ein ganzheitliches Bild der Patient: innen zu erhalten. Dabei spielen die Begriffe Qi, Blut, Körpersäfte, Organsysteme und Energieleitbahnen eine wichtige Rolle.
Was ist Qi?
Das, was alles Lebendige belebt, wird Qi («Tschi») genannt. Es ist unfassbar, nicht messbar und unsichtbar. Es ist immateriell und doch formt es die gesamte materielle Welt. Materie ist eine Manifestation von Qi. Im Menschen sind alle Funktionen des Körpers und des Geistes Erscheinungsweisen des Qi: Sinneswahrnehmung, Denken, Fühlen, Verdauung, Bewegung und Fortpflanzung. Qi ist in ständiger Bewegung und erzeugt dadurch Wärme. Es wärmt, bewegt und schützt unseren Körper, insbesondere das Blut und die Körperflüssigkeiten (Säfte). Ohne Qi (Yang) kein Blut (Yin) und umgekehrt. Beide existieren nur zusammen. Diese Abhängigkeit ist durch die Dynamik von Yin und Yang zu erklären. Qi, Blut und Körpersäfte nähren die Organkreise und ihre Manifestationen im Körper. Es gibt verschiedene Manifestationen von Qi im Körper, welche wir unter den Begriffen Blut, Körpersäfte und -strukturen, Organe, Gewebsstrukturen, Knochen und Essenz kennen. Das Qi folgt unseren Gedanken und Emotionen und formt unseren Körper im Innenwie Aussen.
Wird die Bewegung von Qi, Blut und Körperflüssigkeiten im Körper beeinträchtigt, manifestiert sich Disharmonie und Krankheit im Körper. Während der Akupunktur wird die Bewegung bzw. Regulation von Qi, Blut und Körperflüssigkeiten angestrebt. Stagnationen werden gelöst, Fülle wird aus- oder umgeleitet und Leere aufgefüllt.
Die fünf Säulen der TCM
Die Traditionelle Chinesische Medizin beinhaltet folgende Methoden:
Akupunktur und Moxibustion
Tuina (manuelle Therapie)
Chinesische Arzneitherapie
Diätetik und Lebensführung
Qi Gong (Bewegung)
Weiter gibt es Techniken wie Gua Sha, Schröpfen, Elektroakupunktur und weitere Ausprägungen und Variationen der obergenannten Hauptbehandlungsmethoden.
*Mit chinesischer Medizin ist das gesamte Medizinsystem seit seiner Verwendung gemeint.
TCM = Traditionelle Chinesische Medizin
CM = Klassische Chinesische Medizin
